Donnerstag, 14. September 2017

Parkleid mit System


Nach vier autolosen Jahren sind wir endlich wieder mobil und haben sofort persönliche Bekanntschaft mit dem "Parkleid mit System" geschlossen. Warum? Bitte, hier das Schreiben ans Ordnungsamt:


"Sehr geehrter Herr (Ordnungsamtsmitarbeiter ruhender Verkehr - > da die Batterie streikt passt das sogar... )

ich brauche mal ein bisschen Hilfe um etwas zu verstehen. Ich habe jetzt nach vier autolosen Jahren wieder einen PKW. Wenn man in Neuruppin in der Innenstadt wohnt, ist das mit dem Parken so eine Sache. Nicht jedes Haus hat einen Parkplatz auf dem Hof. So wie unseres. Das Eckhaus wo der ADAC drin ist.

Deshalb gibt es Anwohnerparkausweise. Wenn man bei Google „Anwohnerparkausweis Neuruppin“ eingibt, dann kommt man auf eine Seite, die es so erklärt und wenn man auf einen Link klickt, bekommt man einen Plan mit einigen bunten Streifen drauf, wo wann wie geparkt werden darf.

Der Plan ist von 2012 und nennt sich "Anl. zu Beschl.-V. 2002/134/10" – also 5 Jahre alt. Mindestens. Na ja, eigentlich ja schon voll Asbach-Uralt (und der wäre mitunter gar nicht so verkehrt um die Verkehrspolitik hier zu ertragen).  Aber hey, 2012 mit einem Plan an den Start zu gehen, der eigentlich von 2002 und längst überholt ist und das dann noch den Bürgern als Service anzubieten - das muss man erst mal fertig bringen!

Aber auch seit dem hat sich in dem Gebiet, das auf dem Plan zu sehen ist, einiges getan, was man nicht einzeichnen kann. Früher, als ich hergezogen bin, gab es noch Parkscheinautomaten. Das war 2013 – und die wurden dann abgeschafft, weil der Unterhalt zu teuer war. Dafür wurden „Zonen“ eingerichtet, in denen man Parken kann und das ganz unterschiedlich lange.

Blöd nur, dass es keinen Plan gibt, auf dem diese Zonen vermerkt sind. Jedenfalls gibt es offensichtlich keinen solchen Plan, denn es wäre doch logisch, den dann bei der Google-Suche angezeigt zu bekommen, damit man bescheid weiß, wo welche Zone ist. Denn auf den Schildern über das Parken steht ja „Bewohner mit Parkausweis Zone ...“ - . Auf meinem Anwohnerparkausweis steht „Zone 1“.

Gehe ich bei uns um die Ecke, darf ich dort nicht mehr parken, denn da steht eine andere Zahl hinter dem Wort Zone. Bei der Post zum Beispiel darf ich als Anwohner nicht parken, auch wenn ich ganz dicht dran wohne und es für mich einfacher wäre, dort den Hund zu verladen ohne dass wir irgendwo im oder am Rand vom fließenden Verkehr herumturnen müssen – und ich gebe zu, ich fände es auch viel schöner, nicht in einer großen Wasserpfütze stehen zu müssen, wie jetzt grad am Straßenrand da, wo mein Auto derzeit steht.

Aber noch etwas ist mir aufgefallen – viele der Zonenschilder sind überklebt worden. Wo früher vielleicht „Zone 4“ war, ist heute „Zone 2“ drauf oder umgekehrt – oder zumindest so in der Art. Aber die bunten Farben, so wie auf dem Plan von 2012, die sind nicht auf den Schildern. Die bunten Farben sind nicht mal irgendwelchen Zonen zugeordnet oder so etwas. Also steht man als Bewohner eigentlich total blöd da und darf erst mal gucken, wo man bitteschön eigentlich alles die passenden Schilder für seine Zone findet. Das mag ja für Bewegung sorgen und die ist gesund – aber wenn man sich dafür dann mit dem Auto durch die Stadt bewegen und jedes Schild lesen muss, dann ist das blöd und ungesund.

Außerdem ist es ja auch nicht so, dass sich in den letzten Jahren baulich nichts getan hätte. Aber weil man 2012 genauso wenig eine Kristallkugel hatte um auf dem Plan, der ja eigentlich von 2002 ist,  einzutragen, dass man ab 2017 an der Friedrich-Engels-Geduld-Straße im neu gemachten Teil parken darf, steht das halt noch nicht im Plan drin. Denn in dem ist sogar der Bereich am Seehotel unten noch als altes Fabrikgelände eingetragen und das Parkhaus dort kreisrund eingezeichnet! Das heißt – bewundernswert ist es ja schon, so ein aktueller Plan aus 2012 mit den alten Fabrikgebäuden drauf, ich ziehe im Sommer 2013 nach Neuruppin und – zack! - die Therme steht, das Hotel steht und das Parkhaus auch - und die Bilderbogenpassage besteht aus Hinterhöfen und hat gar nicht erst irgendwelche Parkflächen! Ich kann ja wirklich verstehen, dass die Stadtverwaltung gerne effizient und sparsam arbeiten möchte, aber in diesem Fall war es am völlig falschen Plan. Whow.

Auch das „Parkleid-System“ hier ist ganz interessant. Weil da nämlich irgendwie niemand wirklich durchsteigt. Es sei denn, er ist Insider und arbeitet in der Verwaltung. Ich bin schon in vielen Städten gewesen, auch mit Auto – und da sind Parkleitsysteme oft weit verbreitet und sehr effektiv. Hier in Neuruppin ist es aber tatsächlich eher so eine Version, die man am Besten mit D am Ende schreibt. Weil eben keiner durchsteigt und viele Stadtbesucher schlichtweg keine Orientierung finden und mitunter sogar voll abgenervt wieder abhauen, bevor sie hier auch nur ein Falschparkerknöllchen oder so etwas in der Art bekommen konnten und damit Geld in der Stadt lassen.

Wobei sich das dann ja schon wieder am ruhrpöttischen Kevinismus (klick mich, ich bin ein Link) orientiert, es ist dann ja nicht so, dass die Leute unbedingt Geld IN der Stadt lassen, sondern BEI der Stadt, wenn sie nach einem 6 stündigen Bootsausflug feststellen, sie hätten nur 2 Stunden parken dürfen und ein Knöllchen am Scheibenwischer flattert oder sie dem Wirt nach einem längeren schönen Essen erklären, sie würden zwar supergerne noch auf einen Espresso bleiben, aber die Parkscheibe 500 Meter weiter... Der Espresso würde letztlich sogar noch die Getränkepreise am Markusplatz in Venedig locker toppen, wenn man sich deshalb ein Knöllchen einhandeln würde.

Also – auch Touristen sind oft voll abgenervt und würde weit lieber nach Neuruppin kommen, wenn sie ein Touristenparkierticket bekommen könnten, das ihnen problemloses Abstellen ihres KFZ über einen längeren Zeitraum ermöglicht. Und nicht alle paar Stunden hochschrecken müssen „oh Gott, die Parkscheibe!!!“. Falls Sie das nicht glauben wollen – fragen Sie doch mal den Wirten vom Rosengarten! Und ich kenne die gut situierten Schweizer, die gerne mehr Leute hierher holen würden (von denen kommt das Wort "Touristenparkierticket" übrigens). Dann aber doch lieber Orte wählen, wo man nicht noch einen großen Teil dessen, was man für die Unterkunft am Tag bezahlt, an Knöllchengeldern bezahlen muss, wenn man einfach mal... Urlaub machen und entspannen wollte anstatt den Arbeitsstress gegen Parkplatzstress einzutauschen.

Mit am verwirrendsten von allen ist aber für mich, dass ich zwar stolze Besitzerin eines Anwohnerparkausweises bin, der auch gut sichtbar hinter der Windschutzscheibe liegt. Das seit dem 11.9.2017 - ich auch wie auf dem Ausweis steht, in Zone 1 stehe – aber ich TROTZDEM eine Parkscheibe brauche. Also offensichtlich nur ich, denn wenn ich so in die anderen Bewohnerfahrzeuge schaue, haben die oft nur den Anwohnerparkausweis drin und nicht noch eine Parkscheibe. Aber selbst wenn ich eine Parkscheibe gut sichtbar platziert habe – was dann ja der Fall war, nachdem ich ein Knöllchen bekommen habe, wo drauf stand, dass ich eine Parkscheibe gut sichtbar ins Auto legen muss...


also wenn sich jetzt die Parkscheibe an den Anwohnerparkausweis kuschelt und beides gut zu sehen ist – muss ich dann eigentlich auch alle paar Stunden losrennen um die umzustellen? Ich meine, das wäre ja eigentlich völliger Quatsch – aber wenn ich in den letzten Jahren hier etwas gelernt habe ist es vor allem: „Es gibt nichts, was es nicht gibt – egal wie paradox es ist!“. Wenn dem so ist, dann hätte ich voll die coole Idee um nebenbei etwas zu verdienen. Dann werde ich "Hunderunden-Anwohnerparkausweis-Parkscheibenumstellerin". Für all diejenigen, die eben arbeiten gehen und keine Zeit haben, alle paar Stunden loszurennen und die Parkscheibe auf einen aktuellen Stand zu stellen.

Also muss ich jetzt, weil meine blaue Parkscheibe nicht rechtzeitig mit dem grünen Anwohnerparkausweis in einem auf dem Plan blau angemalten Bereich gekuschelt hat, der an der Straßenecke mit „Zone 1“ gekennzeichnet ist, 10 Euro Verwarngeld zahlen.


Davon, dass meine Parkscheibe nicht mit dem gut sichtbaren Anwohnerparkausweis gekuschelt hat, gibt es sogar ein Foto und damit das mit dem Bezahlen auch fix geht, kann man das über einen QR-Code abwickeln. Quasi ein Handyticket - nur eben etwas  anders. Das ist ja ganz faszinierend, dass man Bürgern als online-Service auf der einen Seite uralte Pläne anbietet und dann, wenn die deshalb einen Fehler machen, keine Mühen und Kosten scheut, mit voll moderner Technik die Kohle einzutreiben! Da kann man echt stolz auf seine so schlaue Stadt sein! 

Aber hey, ich habe immerhin einen aktuellen Bericht für die Stadt-Ratte!

Mit freundlichen Grüßen


"