Samstag, 11. Februar 2017

Tierisch gute hohe Politik



Es gibt ja nicht nur die Politik hier vor Ort, sondern auch die etwas größere Politik. Da ging es gestern dann auch um Menschen mit Beeinträchtigungen - und ihre Hunde. Eigentlich wollte ich dort gestern hin. Der Bundesrat schiebt in Deutschland eigentlich so die Gesetze an. Wenn er sich trifft, hat er immer eine wirklich enorm lange Tagesordnung mit allerlei Gesetzesvorschlägen, Änderungsvorschlägen für Gesetze und so weiter. Gestern war wieder eine Sitzung des Bundesrates und auf dieser Sitzung war unter Tagesordnungspunkt 26 das Wort „Assistenzhunde“ zu finden. Denn das Land Niedersachsen hat sich dafür eingesetzt, dass es für Assistenzhunde in Zukunft eine gesetzliche Regelung geben soll. Das würde bedeuten, dass es Qualitätsstandards geben würde, die für Hunde, Halter, die Trainer, die Ausbildung und die Gespannprüfer gelten und dass Menschen, die einen Assistenzhund brauchen, den unter bestimmten Vorraussetzungen von der Krankenkasse bezahlt bekommen.


Bislang werden nur Blindenführhunde von Krankenkassen bezahlt. Das ist zwar ganz schön, aber das Problem ist, dass es dort zum Beispiel keine Qualitätsstandards gibt und die Krankenkassen ganz oft weit über 20 000 Euro für einen Hund bezahlen, der seinen blinden Menschen in Lebensgefahr bringt, weil er nicht vernünftig ausgebildet ist. Denn ohne Standards können die Trainer eigentlich für sich selbst entscheiden, wie sie so einen Hund ausbilden, was er können muss und welcher Hund dafür geeignet ist. Wenn man bei Youtube mal ein bisschen schaut, bekommt man echt gruselige Geschichten mit. Letztens wurde mir erzählt, dass ein Blindenführhund sein Herrchen wahrscheinlich ganz zielgerichtet in einen Fluss geführt hat – und das Herrchen ist dann ertrunken und wurde erst viel später gefunden.


Viele Menschen erblinden erst später in ihrem Leben. Stellt euch vor, ihr habt einen Unfall und seid danach blind. Oder ihr bekommt mit Wucht etwas in die Augen und erblindet. Das verändert euer komplettes Leben – denn ihr seid danach ziemlich hilflos. Natürlich kann man lernen, mit seiner Blindheit zu leben. Ich habe auch lange jemandem geholfen, der blind war und alleine in seinem Haus gelebt hat. Dennoch sind blinde Menschen immer auf Hilfe angewiesen. Da, wo andere Menschen mal eben etwas nachgucken können, einfach mal eben irgendwo hinfahren – das geht nicht so einfach, wenn man blind ist. Unterwegs sein – wenn man nichts sehen kann, sieht man auch nicht, wer einem entgegen kommt. Oder ob irgendwo plötzlich eine Baustelle ist, die vielleicht nur unzureichend gesichert ist und wo man stürzt. Man sieht nicht, ob irgendein Vollidiot sein Rad einfach mal eben mitten in den Weg gestellt hat, ob man in Hundekacke tritt, über den Haufen gefahren wird und so weiter. Es gibt viele toll ausgebildete Blindenhunde, die bis zu 40 Kommandos beherrschen und ihrem Besitzer mehr Lebensqualität ermöglichen. Es gibt aber eben auch viele extrem schlecht ausgebildete Hunde, die ihren Besitzer immer wieder in Lebensgefahr bringen.


Das gibt es auch bei anderen Assistenzhunden. Es gibt wirklich gut ausgebildete Hunde, die ihre Aufgabe ganz hervorragend meistern und ihr Geld, dass der Mensch irgendwie aufbringen muss, wirklich wert sind. Es gibt aber leider auch viele Assistenzhunde, die nicht gut ausgebildet sind, obwohl sie von Assistenzhundetrainern für sehr viel Geld ausgebildet werden und diese Trainer ihren Kunden viel zugesagt haben. Denn mit Assistenzhunden lässt sich enorm viel Geld verdienen, wenn man es nicht so genau mit allem nimmt und einem eigentlich völlig egal ist, ob der Hund seinem Besitzer zum Teil tatsächlich das Leben retten soll oder nicht. Deshalb ist es wichtig, dass es hier endlich vernünftige Regelungen gibt. In Österreich gibt es die zum Beispiel schon. Es gibt sie dort auch erst ein paar Jahre und man lernt dort auch aus den Erfahrungen, die damit gesammelt werden – aber im Großen und Ganzen können sich diejenigen, die in Österreich einen geprüften Assistenzhund bekommen, darauf verlassen, dass der Hund tatsächlich seinen Job gut macht und dass sie selbst auch in Hundedingen gut ausgebildet sind. Es gibt dort auch Regelungen was Assistenzhunde dürfen, denn sie haben mehr Rechte als Haushunde.


In Deutschland ist das, was Assistenzhunde dürfen, bislang über das Allgemeine Gleichstellungsgesetz geregelt. Das bedeutet, Assistenzhunde für Diabetiker, Gehörlose, Epileptiker, Autisten, PTBS´ler, Narkoleptiker und so weiter sind nach diesem Gesetz Blindenführhunden gleichgestellt. Alle diese Hunde helfen ihrem Menschen, mit einer Beeinträchtigung besser klar zu kommen. Es wäre aber schön, wenn es bessere und auch für Menschen, die sich nicht so gut mit Assistenzhunden auskennen, klarere Regelungen geben würde.


Der Bundesrat hat mit seiner Entscheidung, dass es dazu eine gesetzliche Regelung geben soll, einen wichtigen Schritt gemacht. ABER... es diese Entscheidung muss noch vom BundesTAG bestätigt werden. Erst wenn auch die ganzen Abgeordneten im Bundestag beschließen, dass sie so etwas sinnvoll finden, wird die tatsächliche Gesetzgebung dafür angeschoben. Es bleibt also noch ein bisschen spannend.


Da der Tagesordnungspunkt aber im Bundesrat gestern zusammen mit anderen Punkten auf der so genannten „Grünen Liste“ zusammengefasst wurde und alles was auf dieser Liste ist, ohne Diskussion und im Block abgestimmt wird, habe ich mir den Aufwand erspart, dabei zu sein, sondern via Livestream und Chat mit dem Vorstand von Lichtblicke e. V. die Sache verfolgt. So viel erst einmal zur aktuellen tierisch guten Politik.


Als Nebeneffekt hat sich gestern Herr Holler auf Twitter gemeldet und auf einen TAZ-Artikel verwiesen, in dem es darum ging, dass viele Kleinselbstständige sich keine Krankenkassenbeiträge leisten können, weil diese gemessen an ihrem Einkommen viel zu hoch sind. Auch dazu gab es gestern im Bundesrat einen Gesetzesvorschlag das zu ändern. Sogar mit Redner. So konnte ich ihn dann gleich auf den aktuellen Stand bringen. Vertagt wurde übrigens die Diskussion um Winterreifen bei Motorrädern und um abnehmbare Beleuchtung an Fahrrädern. Nun ja, ist ja auch schon fast wieder Sommer.














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