Dienstag, 16. Mai 2017

Lange war der Fahrstuhl krank, nun fährt er wieder - Reparatur sei Dank!


Gestern war der HFA. 

Als es zum Schluss um die Anträge der Fraktionen ging, dachte ich noch so: "Super, gleich ist dann vorbei!" - Falsch gedacht. Die SPD hat einen Antrag, dass bei Straßenneubauten bitte darauf geachtet werden soll, dass 50 % der Straßen Namen von Frauen bekommen. In so einem Plenum wie dem Haupt- und Finanzausschuss, in dem die Herren dann eindeutig in der Überzahl sind, ergibt sich daraus nicht etwas so etwas wie: "Tolle Idee, tut niemandem weh, machen wir!" 

NEIN, weit gefehlt. Es entsteht eine männergeführte Diskussion über die Gleichberechtigung der Frauen in der Gesellschaft, bei der nicht nur mir ab und an einfach mal die Kinnlade runter geklappt ist und über meinem Kopf quasi: "Äh.... und WAS hat das jetzt mit Straßennamen zu tun???" aufploppte. Das in einer Diskussion darüber, ob man neue Straßen zum Teil dann auch nach Frauen benennt, dann so etwas wie "wenn Sie so denken, dann gehen Sie bestimmt auch davon aus, dass eine Frau selbst schuld ist, wenn sie einen Minirock trägt und vergewaltigt wird...". DAS... ich glaube DAS bringen dann nur Männer fertig, die über die Gleichberechtigung von Frauen diskutieren. Oder Alice Schwarzer und andere Fundamental-Feministinnen. 

Ganz zum Schluss ist dann jemandem eingefallen, doch mal die Frau vom Gleichstellungsbeirat zu fragen, was sie davon hält. Ich habe sie ja nur von hinten gesehen, aber es klang schon fast verheult, was sie von sich gegeben hat und wie schade sie es fand, dass den Männern erst ganz zum Schluss eingefallen ist, mal eine Frau zu fragen... 

Die folgenden Anträge waren dann von einer anderen Fraktion und auch im Hinblick auf barrierefreiheit gedacht - blöd nur, dass genau die Leute, die sich dafür einsetzen vorher nicht gefragt wurden, sondern sich Läufer und anderweitig gesündere Menschen wieder mal überlegt habe, was man denn so tun könnte für die armen, armen Behinderten - ohne sie vorher einfach mal zu fragen, was sie davon eigentlich halten. Es geht um die "nette Toilette", wo Gastronomen und Geschäftsleute dann ihre Klos für Nicht-Kunden zur Verfügung stellen sollen. Natürlich möchte man damit auch mehr barrierefreie Klos haben. Ah ja... mal abgesehen davon, dass es tatsächlich barrierefreie Toiletten in der Stadt gibt, abgesehen von dem ekeligen Klohäuschen am Postplatz gibt es eine in Knasteinrichtungsoptik im Tempelgarten, eines wäre in der Bilderbogenpassage - aber das ist wohl nur noch Lagerraum oder so und zwei wären im alten Gymnasium, die aber für Gäste im Rolli so gut wie überhaupt nicht zu erreichen sind, sei es weil sie abgeschlossen sind oder weil der Weg dort hin mit Rolli einfach nicht machbar sind. Das ist wirklich ganz toll überlegt und geplant worden von den Fachleuten. Ehrlich. Bewundernswert - aber immerhin, die Stadt hat barrierefreie Toiletten in ihren Einrichtungen und wenn die keiner nutzt, spart das viel Geld, weil die dann nämlich nicht so oft sauber gemacht werden müssen. Weitere rollinutzbare Toiletten sind im Museum, gut da muss man dann in dem Fall wohl erst "Einrollgebühr" bezahlen und dann ab in den Keller (hoffen wir mal, dass der Fahrstuhl im Museum nie kaputt geht) sowie im Rathaus. Das viel größere Problem ist bei den barrierefreien Toiletten aber das Zeitproblem. Denn die Toiletten sind bis auf das Ekelhäuschen an der Post nur zu Geschäftszeiten zugänglich. Wenn überhaupt. Nun ja, was sollten Rollifahrer auch bitte Abends oder am Wochenende noch herumkurven? Die sind schließlich behindert und gehören damit früh ins Bett und am Wochenende weggesperrt!

Immerhin - der Fahrstuhl geht wieder. Was aber so unklar war, nach der langen "der ist kaputt Zeit", dass die Rollifahrer des AK´s sich für den Abend dann andere Dinge vorgenommen haben. Nicht schlimm. 

Ach so, und es ging um den Hort Gildenhall und dass die Baumaßnahme dort teurer wird. Ja. Wäre ja schön gewesen, wenn irgendwer der plötzlich so behindertenaffinen Leute sich mal Gedanken darüber gemacht haben, dass von der Stadtverwaltung zwar sogar öffentlich in der Zeitung zu lesen ZUGESAGT wurde, dass sich der Arbeitskreis barrierefreie Stadt noch zu den Plänen des Hortes beim Thema Barrierearmut äußern darf, nachdem der Plan dann so nett vorgestellt wurde und sämtliche Fachräume dann für mobilitätsbehinderte Kinder unerreichbar sind - aber dies nie der Fall war. Denn dann hätte man ja vielleicht noch mal ein bisschen was ändern müssen und es wäre nicht so eine günstigere "pseudobarrierefreie" Sache geworden. Um bei den Worten eines sehr selbstgefälligen Stadtverordneten zu bleiben, der Barrierearmut und Engagement für Behinderte als "unnötigen Kropf" betrachtet (genauso wie ich solche selbstgefälligen "boah, was bin ich doch für ein toller Hecht!"-Stadtverordneten nicht unbedingt gut leiden kann, die für ihre Verachtung dann auch noch Geld bekommen) - wahrscheinlich sehen manche Leute es als extrem überflüssig an, das man sich um Barrierearmut bemüht, indem man genau diejenigen fragt, die wirklich drauf angewiesen sind. 

Aber langfristig ist es ein "sich ins eigene Fleisch schneiden". Denn Barrierearmut nützt ALLEN Menschen etwas. Selbst denen, die es für überflüssig erachten. Denn die können ebenso von heute auf morgen auf "runde Beine" angewiesen sein - oder werden älter und sind dann eben nicht mehr so tolle selbstgefällige Typen, sondern bleiben mit ihrer Gehhilfe in den tiefen Ritzen irgendwelcher Pflasterungen stecken. Ebenso ist niemand davor gefeit, das sein Kind, Enkelkind oder ein anderes ihm nahe stehendes Kind plötzlich behindert ist. Und genau DANN ist das Geschrei plötzlich ganz, ganz groß. 


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